Judas von Kerioth Botschaften

Die Judas Geschichte

[…] Ich begab mich in das Tal von Hinnom, suchte eine steile Klippe, wo ich das Seil befestigte, das ich als eine Art Gürtel benutzte. Das andere Ende legte ich mir um den Hals und sprang. Aber das Seil rutschte vom Felsen ab, und ich stürzte in den Abgrund.

Ich sah mich, oder besser gesagt, meinen Körper, wie er leblos auf dem felsigen Boden lag, mit verzerrten Gliedern und gebrochenen und ausgerenkten Knochen. Ich fühlte keinen Schmerz, und ich beobachtete mich von außen. Irgendwie hatte ich meinen Körper verlassen. Es war helles Tageslicht, aber alles schien so dunkel, fast wie in der Nacht. Am Anfang bemerkte ich das nicht, aber nach einiger Zeit merkte ich, dass einige Geister in meiner Nähe waren. Sie waren freundlich, sie lächelten mich an, und sie waren so hell, und erst dann wurde ich mir der Dunkelheit bewusst, weil sie so sehr im Kontrast zu unserer Umgebung standen.

Ich sah, dass ich nackt war, aber sie gaben mir Kleidung, dieselbe Art von Kleidung, die ich früher trug, und ich fühlte mich besser. Schließlich signalisierten sie mir, dass ich sie begleiten sollte, und ich tat es auch. Sie nahmen mich bei der Hand, und ich fühlte mich, als ob mich etwas anzog, wie eine Art Sog, und plötzlich, in einem einzigen Augenblick, war ich an einem anderen Ort.

Es war wie eine riesige Wiese, wie auf der Erde, mit grünem Gras und Blumen. Es war wunderschön. Es gab einige Gebäude, aber ich habe sie nie betreten. Die spirituellen Wesen die mich begleiteten, sagten mir, dass ich, wenn ich wollte, eines der Häuser betreten und mich dort ausruhen könnte, aber ich fühlte mich nicht müde. Ich blieb lieber draußen und beobachtete meine Umgebung.

Es gab buchstäblich Tausende von spirituellen Wesen, die wie ich, neu angekommen waren, und auch einige, die bereits einige Zeit an diesem Ort verbracht hatten. Es gab viele andere, die sich um die Bedürfnisse der Neuankömmlinge kümmerten, wie die spirituellen Wesen an meiner Seite. Sie waren alle aufgeweckter und sehr freundlich.

Nun, die Situation schien so unwirklich, dass ich nicht wusste, was ich tun sollte. Ich wollte an den Ort zurückkehren, wo mein Körper war, und im selben Augenblick war ich bereits dort. Ich sah die deformierte Leiche, aber ich fühlte mich völlig fehl am Platz. Das war nicht ich, ich hatte nichts mehr mit diesem leblosen Körper zu tun, was hatte ich hier zu tun? Ich verspürte den Wunsch, auf die schöne Wiese zurückzukehren, und sofort kehrte ich zurück. Meine Begleiter warteten auf mich. Sie lächelten mich an, beruhigten mich, und wir setzten uns. Sie erklärten mir, dass nun ein neuer Abschnitt in meinem Leben begonnen habe, dass ich versuchen müsse, die Erde zu vergessen und mich an meine neue Situation anzupassen.

Das war keine so schwierige Aufgabe, denn ich hatte immer an ein Leben nach dem Tod geglaubt, aber mein Selbstmord hatte negative Auswirkungen. Mein voreiliges Handeln hatte mir keine Zeit gegeben, mich vorzubereiten. Ich hatte auch vor etwas fliehen wollen, das noch immer präsent war: vor meinem Verrat. Diese Erinnerung war nicht verblasst, ich erinnerte mich noch immer daran. Aber meine Begleiter erwähnten es nie. Sie haben nie ein einziges Wort über diese Sache geäußert. Also beruhigte ich mich ein wenig.

Ich kann dir nicht sagen, wie lange ich an diesem Ort blieb, denn es gab keinen Wechsel von Tagen und Nächten, es gab keine Möglichkeit, die Zeit zu messen, aber es schien mir eine lange Zeit zu sein. Ich traf auch einige meiner Verwandten, die vor einiger Zeit gestorben waren. Meine Eltern und meine Brüder lebten noch auf der Erde, weil ich in relativ jungem Alter gestorben war.

Die spirituellen Wesen, die eintrafen, waren aller Altersgruppen: Babys, Kinder, Jugendliche, Erwachsene und alte Männer aller Klassen und Rassen. Es scheint, dass ich den ersten Teil meines Aufenthalts an diesem schönen Ort des Kommens und Gehens verloren in meinen Gedanken verbracht hatte, ohne zu merken, was vor sich ging, denn plötzlich wurde mir klar, dass die Geisterwesen die ankamen, sehr unterschiedlich aussahen. Einige waren schön, andere ganz gewöhnlich, aber einige, ich würde sogar sagen viele, waren hässlich, sehr hässlich, einige sahen sogar wie Monster der Hässlichkeit aus. Wie seltsam, dachte ich, das war mir vorher nicht aufgefallen.

Ich begann, meine Hände zu betrachten, und sie sahen auch hässlich aus! Oje! Ich konnte bereits etwas sehr Ernstes spüren. Ich bat meine Begleiter, mir einen Spiegel zu bringen, und was ich in dem Spiegel sah, verschlug mir den Atem! Du weißt schon, H___, wie ich aussehe. Ich war keine überragende Schönheit, aber ich war auch nicht hässlich. Normalerweise würde ich sagen, dass ich mit meinem Aussehen zufrieden war, aber was ich im Spiegel sah - das war nicht ich! Es war ein hässliches Gesicht, nicht so monströs wie einige der Gesichter, die ich gesehen hatte, aber hässlich, wirklich hässlich. Ich glaube, ich habe mein emotionales Gleichgewicht verloren. Ich wollte gehen, durch Weglaufen fliehe… Einer meiner Begleiter kam auf mich zu und sagte: „Sie haben Recht, es ist Zeit zu gehen.“ Und er nahm mich bei der Hand und ging mit mir weg.

Dieser Ort, den ich gerade beschrieben habe, ist ein Eingangsort für die kürzlich Verstorbenen. Dort bleiben sie für einige Zeit unter der Obhut ausgewählter spirituellen Wesen, bis sie erkennen, dass sie wirklich vom Erdenleben in das Leben der Spirituellen Welt übergegangen sind. Aber mehr noch, an solchen Orten werden sie sich ihres eigenen Zustandes bewusst; dort lernen sie, sich so zu sehen, wie sie wirklich sind. Wenn dies geschieht, sind sie bereit, an ihren Bestimmungsort zu gehen, an den Ort, für den sie nach ihrem Seelenzustand geeignet sind.

Es gibt Menschen, die in Frieden in einem Krankenhaus sterben. Wenn sie aufwachen, glauben sie, in einem anderen Krankenhaus zu sein, denn sie befinden sich in einem sauberen Raum, in einem Bett. Aber sie sind nicht mehr im Krankenhaus, sie sind bereits in der Spirituellen Welt. Die Spirituellen Wesen versuchen, das Hinübergehen so einfach und so wenig traumatisch wie möglich zu machen. Und sie sind sehr geschickt in ihrer Arbeit. Sie geben die ersten Ratschläge, sie beruhigen die Neuankömmlinge, sie kritisieren nie, sie helfen immer. Es ist ein Ort des vorübergehenden Glücks, es ist wie die Transit-Lounge eines Flughafens. Aber schliesslich kommt der Moment, wo die Spirituellen Wesen zu dem Ort aufbrechen müssen, den das Gesetz der Anziehung für sie bestimmt.[…] - Judas am 5. September 2001.

Wie du dich erinnern wirst, erzählte ich dir beim letzten Mal, wie das spirituelle Wesen, dass mich begleitete, mir mitteilte, dass die Zeit gekommen sei, diesen Eingangsort in die spirituelle Welt zu verlassen. Ich hatte sehr wohl verstanden, dass ich nicht mehr auf der Erde lebe. Ich war sogar zu der Erkenntnis gelangt, dass mein ‚physischer‘ Zustand, d.h. der Zustand meines spirituellen Körpers schrecklich war. Er war hässlich und ich fühlte mich sehr schlecht.

Das spirituelle Wesen nahm mich an die Hand und führte mich an einen ganz anderen Ort, und zwar mit derselben Geschwindigkeit, mit der er mich vom Ort meines Todes in die spirituelle Welt gebracht hatte. Nun möchte ich, dass du beschreibst, was du siehst.

[H.: Es schien, als stünde ich auf der Spitze eines Berges oder Hügels. Darunter konnte ich ein hübsches Tal sehen, mit Wäldern, Wiesen, Quellen und Bächen. Ich hörte die Vögel singen, es war wie ein schöner Sommertag. Plötzlich begann alles zu trocknen. Die grünen Farben wurden braun, die Blätter fielen von den Bäumen und nach kurzer Zeit sah ich eine katastrophale Landschaft. Alles war trocken, die Erde riss, ein paar Stämme wie Skelette ohne Leben. Die Bäche waren verschwunden, nur ihre steinigen Betten blieben zurück. Es gab keinen Sonnenschein mehr, alles schien dunkel, wie eine Winterdämmerung in den nördlichen Regionen, aber ohne Schnee, und es herrschte die Stille des Todes.]

Welch ein Kontrast! So sah der Ort aus, an den das spirituelle Wesen mich brachte. Dort verließ er mich und sagte, dass ich ein verlassenes Haus finden könne und dass ich dort leben müsse, bis ich die Fähigkeit hätte, diesen Ort zu verlassen.

Du denkst, dass es schrecklich war, aber ich sage dir ganz offen, dass ich das am Anfang gar nicht so schlimm fand. Ich habe viele Spirituelle Wesen getroffen, die in meinem eigenen Zustand waren. Ich gewöhnte mich an das begrenzte Licht und die karge Landschaft, aber schließlich verzweifelte ich fast. Die Negativität, so viel Negativität in diesen Wesen! Ich war immer ein fröhlicher Mensch gewesen, ich scherzte, sang und tanzte gern, aber an diesem Ort, in dieser Hölle, gab es weder Gesang noch Tanz, weder Lachen noch ein einziges Wort des Trostes. Jeder kümmerte sich um seine eigenen Angelegenheiten, es gab nicht viel Kommunikation, es gab nicht viel zu tun, nichts zu lesen, nichts zu schreiben, nur Denken. Und es gab keine Kinder. Und meine Erinnerungen kamen, gute und schlechte Erinnerungen, aber vor allem die Erinnerung an meinen Verrat an dem Meister und an meinen Selbstmord. Ich weiß nicht, welche Erinnerung schlimmer war.

Eines Tages brach einer meiner schweigsamen Nachbarn sein Schweigen und erzählte mir, dass Jesus diesen Ort vor einiger Zeit besucht hatte. Er hatte ihnen gesagt, dass es Hoffnung für sie gäbe, dass sie diesen Ort verlassen könnten und dass weiterhin eine bessere Welt auf sie warte. Aber nur sehr wenige schenkten ihm Beachtung. Als ich das hörte, brach ich wirklich zusammen. Vielleicht gab es Hoffnung, ja, aber nicht für mich. Ich hatte den Tod Jesu verursacht, dieses leuchtende Spirituelle Wesen, wie der Nachbar ihn mir beschrieben hatte. Was konnte ich tun? Nichts, außer resigniert zu sein. […]

Eines Tages bekam ich wirklich Todesangst, als ich Andreas sah, ja, den Apostel Andreas, einen meiner alten Gefährten. Ich wollte mich verstecken, aber er entdeckte mich. Ich erwartete einen verbalen Angriff, Beleidigungen, aber nein, Andreas lächelte mich an, er nahm mich bei der Hand und führte mich an einen ruhigen Ort, wo er zu mir sprach. Er sprach zu mir von Jesus, von unserem gemeinsamen Leben, von den schönen Momenten, die wir auf unseren Reisen durch Palästina erlebten. Er gab mir viel Erleichterung. Danach kehrte Andreas oft zurück, und ich wartete voller Sehnsucht auf diese Momente der Freude in meiner traurigen und negativen Welt. Er war so voller Liebe, ohne Vorwürfe, dass ich mich bei ihm wohl fühlte, sehr wohl, ich könnte fast sagen glücklich. Aber auf der anderen Seite schmerzten meine Erinnerungen mehr und mehr.

Eines Tages, als Andreas bei mir war, begann ich zu weinen, ohne mich zu schämen und ohne meine Gefühle zurückzuhalten. Andreas beruhigte mich. Er sagte mir, dass Jesus mir schon vor langer Zeit, im Augenblick meines Verrats, vergeben habe und dass es nur meine eigene Negativität war, die mich an diesem schrecklichen und hoffnungslosen Ort gefangen hielt. Er lenkte meine Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass viele Wesen aus den tiefsten Höllen hierher kamen und dass viele täglich wieder gingen. Dieser Ort, erklärte er mir, sei nur ein Ort des Übergangs. Und das galt auch für mich. Er erzählte mir, wie alle meine Freunde in den Sphären des Lichts auf mich warteten, und dass es nur von mir abhinge. Oh ja, er gab mir wirklich sehr viel Hoffnung.

Der Tag war gekommen, an dem ich mich von der Idee verabschieden konnte, Jesus für alles verantwortlich zu machen, an dem ich meine Schuld erkennen konnte und an dem ich Buße tun konnte. Es tat schrecklich weh, es brach mir das Herz, und ich weinte lange Zeit. Ich isolierte mich, ich wollte meinen Nachbarn nicht mehr begegnen, und ich verbrachte meine Tage in tiefem Schmerz. Es war damals, als Andreas mich bei einem seiner vielen Besuche darauf aufmerksam machte, dass ich jetzt anders aussehe. Mein Gott! Ich sah fast so aus wie damals, als ich noch auf der Erde war! Andreas erklärte mir, was du bereits weißt, nämlich, dass mein Aussehen die Widerspiegelung meines Seelenzustandes war und dass meine Reue eine große Veränderung bewirkt hatte.[…] - Judas am 6. September 2001.

[…] Ich habe mich selbst getötet. Jeder weiß das. Ich habe gelitten, ja, ich habe viel gelitten und ich war verzweifelt. Aber das geschah nicht wegen der Tatsache, dass ich Selbstmord beging, sondern wegen des beklagenswerten Zustands meiner Seele. Der ganze Rest war einfach eine Folge davon.[…] - Judas am 5. Oktober 2001